Geht vom bäuerlichen Betrieb die größte Gefahr für die Nachhaltigkeit aus?


In dem in der Regel kleinen Familienbetrieb stehen die Familie und deren Wohlergehen im Vordergrund. Bei den sich heute schnell ändernden Rahmenbedingungen ist der Zeithorizont auf wenige Jahre bis Jahrzehnte beschränkt. Man muss schon schlecht ausgebildet und mit wenig Verantwortungsgefühl ausgestattet sein, um einen unumkehrbaren Schaden anzurichten. Und wenn, dann für die eigene Familie und in eingeschränktem Umkreis. Es sei denn, in einer Region sind Betriebe der gleichen Struktur angesiedelt, die allesamt ähnliche, nicht nachhaltige Praktiken verfolgen - meist aus wirtschaftlichen Gründen, verbunden mit kurzsichtiger Betriebsberatung. Auch Genossenschaften würde ich zu dieser Betriebsgruppe zählen.

Größere landwirtschaftliche Betriebe, oftmals organisiert als GmbHs oder Aktiengesellschaften, sind etwas anderes als die Ansammlung von eigenständigen Betrieben mit ähnlicher Produktion. Der Hauptgrund liegt darin, dass das Streben nach Gewinn in den Vordergrund tritt und die soziale Verantwortung des Einzelnen zurückgestellt wird. Schließlich ist es nicht mehr, wie im obigen Fall, das Eigentum und die Verbindung zur Familiengeschichte, die einen Teil des sozialen Verhaltens steuert. Vor dem Hintergrund der Größe des Betriebs und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen steigt die Gefahr, dass schwer korrigierbare Entwicklungen in Gang gesetzt und verstetigt werden.

Der Land-Handel ist Lieferant und Abnehmer von Produkten. Sei räumlicher Einzugsbereich ist größer als der der meisten Landwirtschaftsbetriebe. Durch sein Warenangebot, das oftmals durch die Assoziation mit Herstellern geprägt ist, beeinflusst der Handel Produktionsprozesse. Als abnehmende Hand beeinflusst er ebenfalls die Agrarbetriebe in produktionstechnischen und investiven Fragen. Auswirkungen der Aktivitäten des Handels sind relativ spät zu bemerken, allerdings dann mit einer längeren Wirkungsdauer und größerer räumlichen Ausdehnung. Ich glaube, die indirekten und internationalen Wirkungen durch die ganz großen Landhändler sind bisher nicht konsequent abgeschätzt worden.

Die Landmaschinen- und die Düngemittelindustrie sind heute mit wenigen Ausnahmen international aufgestellt, aufgrund der hohen Transportkosten und kulturellen Unterschiede ist die Reichweite allerdings auf Länderverbünde beschränkt. Die Investitionen in Forschung und Produktentwicklung sind andererseits so hoch, dass einmal getroffene Entscheidungen industrieseitig nicht kurzfristig zurückgenommen werden können. Auch die mit Investitionen in Geräte und Maschinen zusammenhängenden Entscheidungen der Landwirtschaftsbetriebe haben eine größere zeitliche Reichweite. Unerwünschte Nebenwirkungen von Innovationen sind beinahe zwangsläufig von längerer Dauer und nur mittelfristig umkehrbar.

Die Pflanzenschutzindustrie, die noch eigene Forschung und Entwicklung betreibt, ist heute nur noch ein sehr kleiner Kreis von Firmen, die weltweit in den wichtigsten Kulturen agieren. Die Entwicklungskosten für Pflanzenschutzmittel sind so hoch, dass Misserfolge ausgeschlossen werden müssen und die Produkte über einen langen Zeitraum und möglichst weltweit verkauft werden müssen. Das geht eigentlich nur für Weizen, Reis, Mais, und Soja. Die Untersuchungen umfassen neben dem Wirkspektrum und Produktionsfragen immer zunehmend intensive Untersuchungen zu Wirkungen auf Fauna und Flora, auf die Umsetzungsprozesse im Boden und in Organismen, etc. Wenn sich diese Pflanzenschutz-Produkte - nach der Zulassung durch Behörden - wegen ihrer Vorteilhaftigkeit in der Landwirtschaft durchsetzen, haben sie ein enormes Potential weltweit für einen langen Zeitraum zu wirken - im Guten wie im Schlechten Sinne. Nach Ablauf des Patentschutzes könne diese Mittel für wenig Geld produziert und vertrieben werden.

Langer Rede kurzer Sinn: Aus meiner Sicht nimmt die Gefahr von nicht-reversiblen und großräumig wirksamen Schäden von bäuerlichen Landwirtschaftsbetrieben und großen Landwirtschaftsbetrieben und Ansammlungen von Betrieben gleicher Produktion, über Die Düngemittel- und Agrartechnikindustrie zur Pflanzenschutzindustrie zu. Diese potentiell betriebs- und umweltschädlichen Wirkungen erfordern unabhängige Institutionen, die sich mit der Anwendung und Folgenabschätzung beschäftigen - was früher die Offizialberatung getan hat. Leider in manchen Fällen auch kurzsichtig, unrühmlich und nicht im Interesse der Allgemeinheit. Beispiele fallen einem sofort ein.